Doppelte Mutterschaft für lesbische Paare (ROPA-Methode): Wie funktioniert es?

Doppelte Mutterschaft für lesbische Paare - ROPA Methode

Die ROPA-Methode: Eine beliebte Möglichkeit der Familiengründung für lesbische Paare

Mithilfe von künstlichen Befruchtungsmethoden wird es heutzutage nicht nur mehr heterosexuellen Paaren ermöglicht, eine Familie mit leiblichen Kindern zu gründen. Auch lesbischen Paaren stehen verschiedene Möglichkeiten offen. Eine davon ist die sogenannte ROPA-Methode, die Frauen in einer lesbischen Partnerschaft eine Art ‘doppelter Mutterschaft’ ermöglicht. Mit ihr können sich zwei Frauen gleichzeitig körperlich an der Empfängnis beteiligen und den biologischen Mutterschaftsprozess mitgestalten: Ein schöner Gedanke für viele lesbische Paare mit Kinderwunsch.

ROPA steht für das Englische “Reception from Oocytes from the Partner”, also “das Empfangen von Eizellen der eigenen Partnerin”. Bei lesbischen Paaren wird bei der ROPA-Methode einer der zwei Frauen eine oder mehrere Eizellen entnommen; diese werden mit Spendersamen befruchtet, und der daraus entstehende Embryo wird der anderen Frau für das Herbeiführen einer Schwangerschaft transferiert. Die eine Frau ist also genetisch beteiligt, weil sie die Eizelle spendet; die andere Frau ist biologisch beteiligt, weil sie mit der befruchteten Eizelle schwanger wird und das Kind zur Welt bringt. Der Prozess wird daher oft als doppelte Mutterschaft beschrieben.

Voraussetzungen der ROPA-Methode für lesbische Paare mit Kinderwunsch

Samenspende und ROPA-Methode für lesbische Paare sind in vielen Ländern rechtlich problematisch oder sogar verboten. Jedes Jahr reisen daher viele lesbische Paare ins Ausland, um sich dort den Kinderwunsch zu erfüllen. Spanien, die Niederlande, Portugal, Österreich und Dänemark sind nur einige Beispiele in West-Europa, die dafür in Frage kommen.

Je nach Gesetzgebung des jeweiligen Landes ist es erforderlich, dass die Frauen miteinander verpartnert bzw. verheiratet sind. In manchen Ländern ist vorab ein notarielles Schreiben notwendig, um die elterlichen Verpflichtungen und Rechte festzuhalten.

Ferner wird vor Behandlung eine medizinische Untersuchung beider Partnerinnen durchgeführt. So werden bei beiden Frauen die Eizellreserve, die Qualität der Eizellen und der Zustand der jeweiligen Gebärmutter untersucht. Darauf basierend wird von dem behandelnden Kinderwunscharzt empfohlen, welche der beiden Frauen sich am besten als Eizellspenderin und welche sich am besten als Empfängerin der befruchteten Eizelle eignet. Oft spielt hierbei auch das Alter eine Rolle; wenn eine Frau wesentlich jünger bzw. unter 35 Jahre ist, wird diese normalerweise als Spenderin der Eizelle bevorzugt. Selbstverständlich wird aber auch die Präferenz des Paares selbst mit in die Entscheidung einbezogen, wer die Eizelle stellt und wer die Schwangerschaft erlebt.

“Wer spendet die Eizelle, wer wird schwanger!?”

Wenn beide Frauen die Voraussetzungen für Eizellspende und Schwangerschaft mitbringen, können sie die Entscheidung untereinander treffen: Wer soll die genetische Mutter (mittels Eizellenspende) und wer die biologische (mittels Schwangerschaft) sein? Verschiedene Aspekte spielen bei diesem Entscheidungsprozess eine Rolle: Das Alter, individuelle Wünsche und auch praktische Aspekte.

Tina K., eine Frau, die mit ihrer Partnerin für eine doppelte Mutterschaft nach Spanien gereist ist, erzählt: “Ich habe ja seit Geburt das Turner-Syndrom, was bedeutet, dass ich so gut wie keine eigenen Eizellen habe. Mit wenigen Medikamenten kann ich aber die Gebärmutterschleimhaut aufbauen und problemlos eine Schwangerschaft austragen. Deswegen war gleich klar, dass wir die Eizellen meiner Partnerin nehmen würden. Ich bin jetzt also gerade mit ihrer Eizelle schwanger und trage bald unser gemeinsames Kind aus. Das ist voll der schöne Gedanke, dass das wirklich unser gemeinsames Kind ist, weil wir beide biologisch mit dem Kind verbunden sind!”

Was ist der “reziproke IVF-Zyklus” bei lesbischen Paaren?

Wenn beide Frauen gesund sind und angenommen wird, dass beide für die Eizellgewinnung und Schwangerschaft in Frage kommen, kann auch ein sogenannter “reziproker Zyklus” durchgeführt werden. In anderen Worten: Man kann die Rollen bei ROPA-Methode auch tauschen. Somit hätte jede Frau einmal die Chance, eine Schwangerschaft zu erleben, und einmal die Eizellen zu spenden und ein Kind zu haben, das die eigenen Gene hat. Es gibt Zentren, die Frauen anbieten, dies gleichzeitig zu machen. Manchmal liegen jedoch medizinische Gründe vor, die bedingen, dass eine Frau keine Eizellen mehr hat, oder eine Schwangerschaft nicht ratsam wäre. In diesem Falle wäre dies dann nicht möglich.

Bei einem reziproken Zyklus werden beide Frauen gleichzeitig mit Hormonen stimuliert und ihnen beiden werden Eizellen entnommen. Nachdem die Eizellen beider Frauen punktiert wurden, werden sie mit den Spermien desselben Samenspenders befruchtet. Schließlich wird jeder Frau ein Embryo mit der Eizelle der Partnerin transferiert. Wenn sich beide Embryonen einnisten, könnten somit beide Frauen gleichzeitig schwanger werden: Jeweils mit der befruchteten Eizelle der Partnerin.

Wer gilt in Deutschland bei der doppelten Mutterschaft als rechtliche Mutter?

Laut deutschem Recht ist die rechtliche Mutter immer die Mutter, die das Kind austrägt. Bei einem lesbischen Paar wäre also die Frau rechtlich gesehen die Mutter, die mit dem Kind schwanger ist und das Kind zur Welt bringt. Wer die Eizelle gespendet hat, spielt hierfür keine Rolle. Es gibt nach Geburt des Kindes in Deutschland aber die Möglichkeit, dass die Partnerin das Kind adoptiert. Nach Adoption wären dann beide Frauen die rechtlichen Eltern des Kindes.

Wie geht es den Kindern bzw. Familien mit doppelter Mutterschaft?

Die ROPA-Methode wurde erst in den letzten Jahren vermehrt angewandt. Daher gibt es bislang nur wenige Studien mit Erfahrungswerten zu dieser spezifischen Familienform. Wir können uns jedoch an der wissenschaftlichen Literatur im Bereich Familienbildung mithilfe Dritter bzw. mit lesbischer Elternschaft orientieren. In dieser wird immer wieder betont, dass für das Wohlergehen des Kindes die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung ausschlaggebend ist. Wie die weltweit bekannte Familienforscherin Susan Golombok es zuletzt zusammenfasste, sollte eine solche Beziehung immer von “Liebe und Ehrlichkeit” geprägt sein (Golombok, 2021, “Love and Truth: What really matters for children born through third-party assisted reproduction”).

Schritt für Schritt: Was ist der Behandlungsablauf bei der ROPA-Methode?

  1. Gesundheitliche Tests: Als erstes kontaktiert man ein Kinderwunschzentrum, das lesbischen Paaren die ROPA-Methode anbietet. Dort führt man ein Erstgespräch. Daraufhin werden normalerweise beide Frauen auf ihre Eignung zur Eizellspende bzw. Schwangerschaft untersucht. Diese Phase kann mehrere Wochen dauern, je nachdem, welche Tests durchgeführt werden. In Spanien wird beispielsweise für Eizellspenderinnen standardmäßig die Karyotyp-Analyse für genetische Auffälligkeiten durchgeführt. Die Ergebnisse hierfür liegen meist erst nach ein paar Wochen vor.
  2. Samenspendersuche: Sobald der Arzt medizinisch gesehen das “grüne Licht” gibt, wird auch die Suche nach einem passenden Samenspender begonnen. Je nach nationaler Gesetzeslage ist die Samenspende offen oder anonym. Bei einer anonymen Samenspende wird das zukünftige Kind die Identität des Spenders nicht über die Klinik erfahren können. Hier ist zu erwähnen, dass es manchmal anonyme Samenspender gibt, die sich auf Online-Plattformen wie Ancestry und 23AndMe anmelden, damit mögliche Spenderkinder sie eines Tages darüber ausfindig machen können. Bei einer offenen Samenspende kann das Kind am 18. Lebensjahr (je nach Land manchmal auch früher) von dem Kinderwunschzentrum identifizierende Informationen zum Samenspender erhalten; eine Garantie auf ein Kennenlernen oder Kontaktaufnahme ist dies aber nicht.
  3. Synchronisierung der Zyklen: Damit die ROPA-Methode funktioniert, werden die Zyklen von den Frauen miteinander synchronisiert. In anderen Worten: beide Zyklen beginnen dann am gleichen Tag.
  4. Frau A – Stimulierung und Eizellentnahme: Eine Frau beginnt mit der hormonellen Stimulierung der Eierstöcke. Während dieser Zeit reifen mehrere Eibläschen heran, sogenannte Follikel. Nach ca. 12 Tagen werden dann normalerweise bei einem kleinen Eingriff mehrere Eizellen punktiert, die nach der Entnahme mit dem Spendersamen befruchtet werden.
 Frau B – Vorbereitung der Gebärmutter: Die Empfängerin wird von Tag 1 des Zyklus auf den Embryotransfer vorbereitet: Ihr werden Östrogene gegeben, damit sich die Gebärmutterschleimhaut optimal aufbaut. Sobald die Eizellen ihrer Partnerin entnommen wurden, nimmt die Empfängerin Progesteron, was die Vorbereitung der Gebärmutter für den Embryotransfer abschließt.
  5. Embryo-Transfer: Je nachdem, wie viele Eizellen bei der Partnerin entnommen wurden, entwickeln sich die daraus entstandenen Embryonen 3 bis 5 Tage lang in einer Petrischale im Labor. Schließlich transferiert man an Tag 3, 4 oder 5 der Empfängerin (Frau B) einen Embryo und hofft auf eine Einnistung. Die Erfolgsrate der Einnistung hängt unter anderem von der Qualität der Eizelle ab und kann pro Transfer bei bis zu 50% liegen.
  6. Schwangerschaftstest und Ultraschall: Es wird empfohlen, erst 12 Tage nach dem Transfer einen Schwangerschaftstest zu machen, um mögliche chemische Schwangerschaften auszuschließen. Wenn der Test positiv ausfällt, wird normalerweise ein Bluttest gemacht. In der 6. Woche folgt dann ein erster Ultraschall.
  7. Doppelte Mutterschaft mit ROPA-Methode: Wenn alles nach Plan geht, werden nach Geburt des Kindes beide Frauen mit dem Kind genetisch und biologisch verbunden sein.

Länder in Westeuropa, in denen die doppelte Mutterschaft für lesbische Paare mittels der ROPA-Methode möglich ist

Doppelte Mutterschaft für lesbische Paare in Spanien

Ropa-Methode Spanien: In Spanien ist es lesbischen Paaren bereits seit 2007 möglich, eine doppelte Mutterschaft mittels einer Partner-Eizellspende zu erreichen. Dem spanischen Gesetz nach sollen Frauen nämlich unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung von der Behandlung mit künstlichen Befruchtungsmethoden profitieren dürfen. Allerdings ist es für die Behandlung notwendig, dass die Partner miteinander verheiratet bzw. eine angemeldete zivile Partnerschaft nachweisen können. Dann gelten dem spanischen Gesetz nach auch beide als legale Mütter des Kindes. Spanien ist sicherlich das Land, das die meisten Erfahrungswerte bei der ROPA-Methode aufweist.

Doppelte Mutterschaft für lesbische Paare in Portugal

Ropa-Methode Portugal: Seit 2018 reisen immer mehr Wunscheltern nach Portugal, nachdem dort das nationale Gesetz zu künstlichen Behandlungsmethoden geändert wurde. Seitdem sind u.a. sämtliche Samen- und Eizellspenden offen. Ferner werden lesbischen Paaren den Zugang zu denselben Behandlungen wie heterosexuellen Paaren garantiert. Die meisten Kinderwunschzentren befinden sich an Orten, die mit dem Flugzeug leicht zu erreichen sind, wie Lissabon und Porto. In portugiesischen Kliniken gibt es normalerweise mindestens einen Mitarbeiter und einen Arzt, der Englisch spricht.

Doppelte Mutterschaft für lesbische Paare in Österreich

Ropa-Methode Österreich: In Österreich gibt es seit 2015 ein neues Fortpflanzungsmedizingesetz. In diesem ist festgelegt, dass lesbische Paare, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, auch in Kinderwunschzentren behandelt werden dürfen. Es ist in Österreich nicht unüblich, dass mit ausländischen Samenbanken kooperiert wird. Es ist also zum Beispiel möglich, eine Samenspende einer dänischen Samenbank zu verwenden, auch wenn man in Österreich behandelt wird. Immer mehr Zentren bieten mittlerweile spezielle Informationsveranstaltungen für lesbische Paare zum Thema Kinderwunsch mittels künstlicher Befruchtung und Samenspende an. Erfahrungswerte mit der ROPA-Methode gibt es in Österreich erst wenige, aber sie nehmen langsam zu.

Doppelte Mutterschaft für lesbische Paare in Dänemark

Ropa-Methode Dänemark: Die meisten dänischen Kliniken befinden sich in und um Kopenhagen, aber es gibt auch einige in der Nähe der deutschen Grenze. Dänemark ist eins der wenigen Länder, in denen die Samenspende offen oder anonym erfolgen kann, je nachdem, was sich das Empfänger-Paar wünscht. Aufgrund der liberalen Gesetzgebung sind lesbische Paare hier ebenso willkommen wie heterosexuelle Paare. Die hohe Qualität der medizinischen Behandlung und der individuelle Ansatz der Ärzte werden von internationalen Patienten hier besonders geschätzt. Englisch wird standardmäßig gesprochen, vereinzelt gibt es auch deutschsprachige Mitarbeiter.

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Zusammenfassend lässt sich sagen…

Die doppelte Mutterschaft per ROPA-Methode wird bei lesbischen Paaren für die Erfüllung des Kinderwunsches immer beliebter. Mittels dieser Methode können beide Frauen biologische und genetische Eltern werden. Wichtig ist, dass man sich dafür ein Zentrum sucht, das sich mit der Methode auskennt und einen bei dem Prozess gut unterstützen kann.

Ferner kann es hilfreich sein, vor der Behandlung ein unabhängiges Beratungsgespräch zu buchen. Hier kann man mit einem Experten gemeinsam reflektieren, was eine doppelte Mutterschaft für einen selbst und für das Kind bedeutet. Ferner kann man gemeinsam überlegen, wie man mit der Zeugungsgeschichte des Kindes umgehen und diese nach außen kommunizieren möchte. Denn wie die Familiensoziologin Golombok in einer ihrer letzten Studien überzeugend festgehalten hat: Liebe und Ehrlichkeit sind bei Familienbildung mit Hilfe Dritter für die Eltern-Kind-Beziehung und das Wohlergehen des Kindes mit am wichtigsten.

Autorin:
Kinderwunschberaterin
Dr. Yvonne Frankfurth
Kinderwunschberaterin auf www.es-klappt-nicht.de
und Wissenschaftlerin, University of Cambridge

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