Künstliche Befruchtung in Deutschland: Rechtliche Lage und Behandlungsmöglichkeiten

Künstliche Befruchtung in Deutschland

Das Thema ungewollte Kinderlosigkeit nimmt in Deutschland an Sichtbarkeit zu. Denn von Jahr zu Jahr steigt die Anzahl der Wunscheltern, bei denen der Kinderwunsch unerfüllt bleibt. Daher steigt auch die Nachfrage nach Behandlungsmöglichkeiten in Kinderwunschkliniken. So gab es im Jahr 2020 insgesamt über 116,000 Behandlungszyklen in Kinderwunschkliniken in Deutschland, insgesamt wurden über 62,000 Frauen behandelt (IVF-Register 2021).

Bestimmend für die Art der Behandlung in deutschen Kinderwunschkliniken ist vor allem das Embryonenschutzgesetz. Es regelt die Art und Weise, unter welchen Bedingungen Methoden der IVF in Deutschland durchgeführt werden dürfen. Dieser Artikel wird ein paar dieser Bedingungen unter die Lupe nehmen und erklären.

Zunächst sollte man wissen, dass das deutsche Embryonenschutzgesetz in 1991 in Kraft getreten ist. Das ist ja schon eine ganze Weile her. Es gibt daher auch immer mehr Stimmen, die eine Überarbeitung des Embryonenschutzgesetzes fordern. Denn in den 1980iger Jahren, als das Gesetz diskutiert wurde, gab es viele technologischen Möglichkeiten von heute noch gar nicht. Und auch die gesellschaftlichen Werte haben sich seitdem gewandelt. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Embryonenschutzgesetz in den nächsten Jahren überarbeitet werden wird. Vielleicht wird es auch mit einem neuen Fortpflanzungsmedizingesetz ersetzt.

Somit ist es möglich, dass in der Zukunft auch in Deutschland das Verbot der Eizellspende aufgehoben wird – so wie es in fast allen Europäischen Nachbarländern der Fall ist. Je nach Art der künstlichen Befruchtung gelten auch neuere gesetzliche Bestimmungen wie das 2018 in Kraft getretene Samenspenderregistergesetz.

Nach wie vor lässt sich jedoch festhalten, dass das deutsche Embryonenschutzgesetz eins der strengsten in Westeuropa ist. Daher ist es auch nicht überraschend, dass die rechtlichen Einschränkungen bei rund 80% der deutschen Wunscheltern der Grund dafür sind, warum sie für eine Behandlung ins Ausland reisen. Es lohnt sich also, sich einmal genauer anzuschauen, was genau die rechtlichen Rahmenbedingungen sind.*

Derzeit reist also eine nicht unerhebliche Zahl von deutschen Wunscheltern aufgrund der Verbote und Einschränkungen ins Ausland, um sich dort den Kinderwunsch zu erfüllen. Doch es ist nicht immer auf den ersten Blick klar, welche IVF-Behandlungen in Deutschland erlaubt sind und welche nicht. Daher gebe ich im Folgenden einen kurzen Überblick über die rechtlichen Aspekte der künstlichen Befruchtung in Deutschland.  

Künstliche Befruchtung in Deutschland – Behandlungsmöglichkeiten

In Deutschland kam das erste deutsche Baby mithilfe einer In-Vitro-Fertilisation (IVF) im Jahre 1982 zur Welt. Diese Behandlungsmethode der künstlichen Befruchtung war damals bahnbrechend und führte zu einer kontroversen Debatte in Medien und Gesellschaft. Mittlerweile wird die IVF zumindest in medizinischen Kreisen als Standardmethode beim unerfüllten Kinderwunsch anerkannt. Aber gesellschaftlich gesehen ist die künstliche Befruchtung in Deutschland nach wie vor bei vielen Menschen, die von Unfruchtbarkeit betroffen sind, ein Tabuthema. Oft wird darüber nur mit wenigen Menschen im engen Freundes- und Familienkreis gesprochen.

Wie sieht es aber mit der rechtlichen Lage bei einer IVF in Deutschland aus?

Maximal 3 Eizellen sollen pro IVF-Behandlungszyklus befruchtet werden

Ein limitierender Faktor bei der IVF-Behandlung in Deutschland ist, dass die Ärzte hierzulande pro Behandlungszyklus theoretisch nicht mehr als drei Eizellen mit Samenzellen befruchten dürfen (Dreierregel). Denn dem Gesetz nach dürfen pro Behandlungszyklus nur so viele Embryonen erschaffen werden, wie sie der Frau realistisch beim gleichen Zyklus übertragen werden können. So soll verhindert werden, dass mehr Embryonen erzeugt als benötigt werden.

Warum ist das so, kann man sich fragen? Dieser Aspekt des deutschen Gesetzes ist tatsächlich international gesehen recht einzigartig. Denn in Nachbarländern ist ganz normal, dass Wunscheltern pro Behandlungszyklus viele Embryonen einfrieren und auch nach Qualitätsmerkmalen klassifizieren lassen. Hier spielt zweifellos die deutsche Geschichte und die Rolle der Kirche eine große Rolle bei der deutschen Gesetzgebung: Die Embryonen werden als menschliches Leben angesehen. Somit sollten sie mit Würde behandelt werden und nicht wie eine kommerzielle Ware. Auch sollte man menschliches Leben nicht klassifizieren, also in „gut“ und „schlecht“ einteilen und somit zwischen wertem und unwertem Leben unterscheiden. Bei der Embryonenspende spielt diese Dreierregel eine große Rolle, weil sie dazu führt, dass hauptsächlich im Vorkernstadium, und keine Embryonen im Blastozystenstadium eingefroren werden.

Bei einer IVF-Behandlung muss diese Dreierregel aber nicht unbedingt einschränkend sein. Denn es obliegt der Einschätzung des Arztes, je nach Alter und Hormonwerten der Frau zu überlegen, wie viele Eizellen es am Ende tatsächlich schaffen werden. Denn von drei befruchteten Eizellen werden sich im Schnitt nur 30% zu guten Blastozysten entwickeln, von denen wiederum nur ca. 50 % zu einer Schwangerschaft führen werden. Es kommt also durchaus vor, dass Ärzte mehr als drei Eizellen befruchten, wenn sie eine geringe Befruchtungsrate vorhersehen.

Verheiratete Paare, Solo-Frauen, homosexuelle Paare: Wer darf in Deutschland behandelt werden?

Verheiratete und unverheiratete heterosexuelle Paare können in Deutschland bei unerfülltem Kinderwunsch im Rahmen einer IVF-Behandlung behandelt werden. Hier ist der springende Punkt aber die Finanzierung. Denn der Gesetzgeber sieht eine gesetzliche Förderung der künstlichen Befruchtung nur bei verheirateten Paaren vor. Wer also gesetzlich versichert ist, bekommt als unverheiratetes Paar eventuell keinen finanziellen Zuschuss. Seit 2016 gibt es aber einige Bundesländer, die auch bei nicht-verheirateten Paaren finanziell bei einer künstlichen Befruchtung unterstützen.

Alleinstehende Frauen und Frauenpaare können mithilfe einer Samenzellspende Kinder bekommen. Trotz der nicht verbindlichen Richtlinie der Bundesärztekammer, die Behandlungen von alleinstehenden Wunscheltern verbietet, gibt es mehr und mehr Solo-Mütter und Frauenpaare, die nach einer Samenzellspende in deutschen Kinderwunschzentren Eltern werden. In diesem Fall erlangt nach der Geburt des Kindes oft der zweite Elternteil die rechtliche Elternschaft durch die Adoption des gemeinsamen Kindes. Es gibt jedoch aufgrund der nicht eindeutig geklärten rechtlichen Lage weiterhin Kinderwunschärzte, die alleinstehende Frauen und Frauenpaare nicht behandeln wollen. Grund hierfür ist, dass ein männlicher Arzt dem Gesetz nach theoretisch als „Verursacher der Schwangerschaft“ und somit als rechtlicher Vater gesehen werden könnte.

In Deutschland sind die Eizellenspende und die Leihmutterschaft verboten. Daher sind die Behandlungsoptionen in Kinderwunschzentren für Männerpaare mit Elternwunsch in Deutschland begrenzt. Anlaufpunkt bei Fragen zur Familienbildung von Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans* bietet das Regenbogenzentrum in Berlin.

Altersgrenze bei einer IVF in Deutschland

Wer die künstliche Befruchtung von der gesetzlichen Kasse zumindest teilweise finanziert bekommen möchte, darf das Alter von 40 (Frau) bzw. 45 Jahre (Mann) nicht überschreiten. Darüber hinaus gibt es jedoch keine gesetzliche Regelung, die besagt, wann Kinderwunschzentren selbstzahlende Wunscheltern nicht mehr behandeln dürfen. Die Reproduktionskliniken in Deutschland haben sich jedoch darauf verständigt, dass die Altersgrenze von 50 Jahren nicht überschritten werden soll. Es liegt jedoch im Ermessen des Arztes, das zu entscheiden. Daher hören viele Kinderwunschärzte bereits nach dem vollendeten 45. Lebensjahr der Frau mit der Behandlung auf. So sollen dem Kindeswohl und der ärztlichen Vorsorgepflicht gegenüber der Frau Rechnung getragen werden.

Wie viele Embryonen dürfen pro Zyklus transferiert werden?

In Deutschland hat sich in den letzten Jahren der sogenannte Single-Embryo-Transfer (SET) immer weiter durchgesetzt. Das heißt, es wird standardmäßig ein Embryo pro Transfer übertragen, maximal zwei. So waren laut IVF-Register in 2018 erstmalig über 80% der Geburten nach künstlicher Befruchtung Einlingsgeburten. Es gab nur 19,2% Zwillings- und 0,4 % Drillingsgeburten. So niedrige Mehrlingsschwangerschaften bei einer künstlichen Befruchtung gab es vorher noch nie in Deutschland. Das ist ein gutes Zeichen. Denn Zwillings- und Drillingsschwangerschaften bedeuten erhöhte Risiken: sowohl für die schwangere Frau als auch für die ungeborenen Kinder. Diese Risiken werden mit den Einlingsschwangerschaften minimiert.

Wie lange dürfen Embryonen eingefroren werden?

Laut Embryonenschutzgesetz sollten eigentlich überhaupt keine Embryonen eingefroren werden (siehe Dreierregel). Standardmäßig werden also nur sog. imprägnierte Eizellen eingefroren, die nicht offiziell als Embryo und somit nicht als menschliches Leben gelten. Embryonen, also befruchtete Eizellen, werden nur im „Notfall“ eingefroren, wenn von drei Embryonen mehr befruchtet wurden als erwartet. Wenn also drei von drei Eizellen erfolgreich befruchtet wurden, dann werden ein oder zwei Embryonen eingefroren. Denn kein Arzt kann einer Frau eine Mehrlingsschwangerschaft zumuten.

Transferiert werden darf ein eingefrorener Embryo der Frau in Deutschland, bis sie 50 Jahre alt ist. Ein Embryo (nur befruchtete Eizellen), der eingefroren wurde, kann anderen Wunscheltern gespendet werden, sobald der eigene Kinderwunsch bei Paaren erfüllt ist. Es ist in Deutschland aber verboten, solche eingefrorene Embryonen zu zerstören oder für Forschungszwecke zu spenden.

Social Freezing – unter welchen Bedingungen dürfen Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen?

Das Thema Social Freezing gewinnt in Deutschland zunehmend an Sichtbarkeit. Trotzdem wird es besonders in den Medien oft sehr negativ dargestellt: So würden „karrieregeile Frauen“ ihre Eizellen einfrieren wollen, um möglichst lange viel Geld verdienen zu können. Die Realität sieht jedoch anders aus. Die Frauen, die sich in Zentren fürs Social Freezing vorstellen, sind oft in den Dreißigern. Sie wünschen sich ein Kind, haben jedoch keinen Partner. Um die Chance auf ein eigenes genetisches Kind nicht zu verlieren, frieren diese Frauen also ihre Eizellen ein. Social Freezing ist also meistens kein gewolltes Verschieben des Kinderwunsches.

Frauen können in Deutschland ab dem Alter von 18 Jahren ihre Eizellen einfrieren lassen. Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene zeitliche Begrenzung dafür. Allerdings sinkt die Eizellqualität nachweislich ab 37 Jahren. Es ist also ratsam, Eizellen möglichst früh einfrieren zu lassen; am besten vor dem 35. Lebensjahr. Das Alter der Eizelle ist entscheidend bei dem Erfolg einer Schwangerschaft.

Die Kosten für Social Freezing liegen in Deutschland bei ca. 3,000 Euro pro Zyklus plus der Medikamente (800-1,500 Euro) Die Kosten für das Social Freezing werden von den Kassen nur bei medizinischer Indikation wie bei einer Krebsdiagnose getragen.

IVF-Zusatzbehandlungen – welche gibt es in Deutschland?

Je nach Zentrum sind unter anderem folgende Zusatzbehandlungen der künstlichen Befruchtung in Deutschland möglich: Blastzoystenkultur, ICSI, HCG intrauterin, Intralipid-Infusionen, Granozyte, Schlüpfhilfe, Embryogen zur Einnistungsverbesserung nach Fehlgeburt, ICSI, Spermien-FISH-Analyse, PICSI, Timelapse Embryo Monitoring mithilfe von einem Embryoskop, und das ERA-Testverfahren.

IVF mit Samenspende in Deutschland

Die Samenspende wurde 1991 durch das Embryonenschutzgesetz ganz offiziell legalisiert, nachdem sie bereits Jahre zuvor in Kinderwunschzentren praktiziert worden war. Erst mit dem Samenspenderregistergesetz in 2018 wurde die Prozedur jedoch detailliert geregelt. So gilt ab 2018 unter anderem, dass die Identität der Samenspender nicht mehr anonym sein darf. Die aus der Samenspende geborenen Kinder bzw. Erwachsene dürfen somit zukünftig das Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung ausüben. Kinderwunschzentren in Deutschland haben somit die Pflicht, die identifizierenden Daten von Samenzellspendern an das Samenspenderegister weiterzugeben.

Samenbanken in Deutschland unterliegen strengen Qualitätskontrollen. Nicht jeder Mann, der sein Samen zur Spende abgibt, wird auch ein Spender. Oft genügt die Qualität nicht aus. Außerdem müssen die Männer zwischen 18 und 40 Jahren sein, ein gutes Spermiogramm haben, keine schweren Allergien, Erbkrankheiten, kein Rheuma und keine Herzfehler haben. Auch ein gesunder Lebensstil ist ausschlaggebend für die Qualität der Spende. Daher werden grundsätzlich Männer von einer Spende ausgeschlossen, die stark rauchen, viel Alkohol oder Drogen konsumieren. Pro erfolgreicher Spende bekommt ein Mann in Deutschland ca. 150 Euro.

Embryonenspende in Deutschland

Laut Gesetz dürfen deutsche Ärzte bei einer IVF-Behandlung maximal drei Eizellen befruchten bzw. drei Embryonen erzeugen. Der sog. Deutsche Mittelweg hat deutschen Ärzten jedoch den Weg geebnet, so viele Embryonen herzustellen wie eben für eine erfolgreiche Behandlung nötig ist. Wenn hier mehr als drei Embryonen entstehen, ist dies also vom Gesetzgeber geduldet. Und so passiert es manchmal eben auch, dass manche von diesen Embryonen nicht transferiert, sondern eingefroren und eventuell später nicht mehr verwendet werden.

Nach vielen Jahren der rechtlich unklaren Lage ist nun Ende 2020 vom Bayerischen Landgericht bestätigt worden, dass eine Spende von eben solchen übrig gebliebenen befruchteten Eizellen, also Embryonen, legal sei.

Das Netzwerk Embryonenspende vermittelt die nach abgeschlossenen Kinderwunschbehandlungen übrig gebliebenen Embryonen. Hierbei darf die Spenderin zum Zeitpunkt der Einfrierung des Embryos nicht älter als 37 Jahr alt sein, bei dem Spender gibt es keine Altersbegrenzung. Ferner dürfen die Empfängerpaare noch keine eigenen oder adoptierten Kinder haben und müssen jünger als 45 Jahre sein (Frau) bzw. 55 Jahre (Mann). Die Empfängerpaare können verheiratet, unverheiratet und Frauenpaare sein.

Männerpaare und Solo-Frauen können sich nicht um eine Embryonenspende bewerben. Die Spende muss altruistisch und offen sein, sprich, die aus der Spende geborenen Kinder dürfen später die Identität des Spenderpaars erfahren. Wenn Empfänger- und Spenderpaar beide zustimmen, ist es sogar möglich, dass diese Paare sich gegenseitig kennenlernen können.

Während die Spende von befruchteten Eizellen legal ist, wurde im November 2020 auch bestimmt, dass die Spende von lediglich „besamten“ Eizellen nicht erlaubt ist.

Problem dabei ist aber, dass die Mehrzahl der eingefrorenen Eizellen eben besamt (imprägniert) sind, und nicht befruchtet. Bei imprägnierten Eizellen sind die Samenzellen sind zwar schon eingedrungen, aber noch nicht mit der Eizelle „verschmolzen“. Somit nennt man das ganz auch noch nicht „Embryo“ und es zählt für den Gesetzgeber auch noch nicht als menschliches Leben. Die Eizelle ist nicht „befruchtet“, sondern lediglich „imprägniert“. Manchmal ist die Kinderwunschbehandlung bereits erfolgreich abgeschlossen, obwohl noch solche „imprägnierte“ Eizellen übrig sind. Weil eben die Eizellen noch Eizellen und keine Embryonen sind, wurde im November 2020 nun auch vom Bayerischen Gericht entschieden, dass diese Art der Spende in Deutschland verboten ist. Denn sie fällt unter das Verbot der Eizellspende.

IVF mit gespendeten Eizellen

Die Eizellenspende ist in Deutschland verboten. Grund für das Verbot war unter anderem die Annahme in den 1980iger Jahren, dass eine Eizellspende und die damit verbundene gespaltene Mutterschaft für das Kindeswohl schädlich sein würde. Im Embryonenschutzgesetz steht also geschrieben, dass eine Eizelle, die einer Frau entnommen wurde, nur für eine Schwangerschaft der gleichen Frau befruchtet und transferiert werden darf. Ärzte, die eine solche Eizelle einer anderen Frau einsetzen, können mit mehreren Jahren Gefängnisstrafe belangt werden. Neben Luxemburg und der Schweiz ist Deutschland das einzige Land in Westeuropa, das die Eizellspende noch verbietet.

Das Verbot führt dazu, dass jedes Jahr mehrere tausend Deutsche ins Ausland reisen, um dort eine Eizellenspende-Behandlung durchzuführen. Zahlreiche Studien aus dem Ausland zeigen mittlerweile auf, dass Bedenken bzgl. der gespaltenen Mutterschaft nicht zutreffen, aber ein solides Regelwerk für die Eizellenspende erforderlich ist, um Eizellspenderinnen zu schützen und Kindern nach Eizellspende die Möglichkeit zu geben, ihre genetische Herkunft zu erfahren.

Wenn also deutsche Wunscheltern für eine Eizellenspende ins Ausland reisen, kann dort nicht sichergestellt werden, wie dort Eizellspenderinnen behandelt werden und ob das Kind später Kenntnis über seine Abstammung erlangen kann. Das wäre nur mit einer Überarbeitung des deutschen Eizellspendenverbots möglich.

IVF-Kosten in Deutschland

Normalerweise wird eine IVF-Behandlung als Paketpreis abgerechnet. Wer gesetzlich versichert ist und die damit verbundenen Kriterien erfüllt, bekommt in Deutschland 50% von drei IVF-Zyklen erstattet. Insgesamt bieten mittlerweile mehr als die Hälfte der 71 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland Zusatzleistungen bei der künstlichen Befruchtung an. Mehr Informationen zu den IVF-Kosten in Deutschland gibt es hier. Privat Krankenversicherte bekommen je nach Leistungskatalog bis zu 100% erstattet, wenn sie selbst die Verursacher der ungewollten Kinderlosigkeit sind. Wer keine Erstattung bekommt, muss selbst zahlen.

Selbstzahler müssen mit den folgenden Preisen rechnen:

  • IVF ca. 2,400 bis 3,800 Euro pro Zyklus ohne Medikamente
  • ICSI ca. 4,000 bis 5,500 Euro pro Zyklus ohne Medikamente.

Einzelleistungen werden im Durchschnitt folgendermaßen in Rechnung gestellt:

  • Erstberatungsgespräch mit Ultraschall: 130-150 Euro
  • Krankheitsscreening bei Mann und Frau: 100-200 Euro
  • Spermiogramm: 130-180 Euro
  • Anästhesie / Kurznarkose für Eizellentnahme mit Voruntersuchung und postoperativer Betreuung: 250–350 Euro
  • Zyklusmonitoring mit Ultraschall und Hormondiagnostik pro Termin (2-3 Termine pro IVF): 100-150 Euro
  • Punktion: 500-700 Euro
  • Verlängerte Embryokultur (Blastozysten): 400-600 Euro
  • Embryologie und Transfer: 500-1000 Euro
  • Jede Mikroinjektion in geeignete Eizelle bei einer ICSI: ca. 300 Euro
  • Kryokonservierung von befruchteten Eizellen 500-1000 Euro
  • Lagerung für sechs Monate: 120-200 Euro
  • Medikamente: 500 Euro-1,500 Euro.

In den Paketpreisen sind folgende Leistungen meistens nicht enthalten:

  • Medikamente pro Zyklus: 500 Euro – 1,500 Euro
  • Kryokonservierung von befruchteten Eizellen: 500-1,000 Euro
  • Lagerung für sechs Monate: 120-200 Euro
  • Kryozyklus mit Transfer von kryokonservierten befruchteten Eizellen: 800-1,000 Euro
  • Schlüpfhilfe: 200-300 Euro
  • Verlängerte Embryokultur (Blastozysten): 400-600 Euro
  • Endometriumbiopsie: 145 Euro
  • Intralipidinfusion: 65 Euro
  • Eileiteruntersuchung mit Hydrosonographie: 250 Euro

IVF mit genetischem Screening (PGS oder PGT-A)

Es gibt mittlerweile verschiedene Diagnostik-Tests, um bei Embryonen vor Transfer festzustellen, ob Chromosomenanomalien also „Störungen“ (Aneuploidien) vorliegen. So kann ein Arzt mit einem PGT-A Test feststellen, ob Chromosomenanomalien vorliegen. Diese Anomalien können numerischer Natur sein (die Chromosomenanzahl ist zu hoch oder niedrig) oder struktureller Natur (es fehlt beispielsweise ein Teil von einem Chromosom oder die Anordnung ist inkorrekt). Diese Anomalien können dazu führen, dass sich ein Embryo nicht einnistet oder die Frau eine Fehlgeburt erleidet. Einen Embryo vor Transfer auf diese Chromosomenfehler zu untersuchen kann also mögliche Defekte und Störungen aufdecken. Sobald solch ein Defekt bei einer Diagnostik entdeckt wird, wird der Embryo „aussortiert“. Der Frau werden dann nur gesunde Embryonen transferiert, wenn sie die Anzahl der Chromosomen und eine korrekte Struktur aufweist. Diese Technik ermöglicht es dem Arzt also, der Frau eine mögliche Fehl-Einnistung oder Fehlgeburt zu ersparen. Besonders empfohlen wird die Anwendung der Diagnostik für Frauen über 35 Jahrne, die versuchen mit eigenen Eizellen schwanger zu werden, oder solchen, die bereits mehrmals Fehlgeburten erlebt haben oder bei denen Chromosomenanomalien diagnostiziert wurden.

In Deutschland ist diese Technik nur bei wenigen schwerwiegenden Erbkrankheiten nach Genehmigung einer PID (nächster Punkt) zugelassen. Im Ausland dagegen wird die Untersuchung immer beliebter. Sie vermindert die Anzahl an Fehlgeburten, die für Paare oft schwerwiegende emotionale Spuren hinterlassen.

Künstliche Befruchtung mit Präimplantationsdiagnostik (PID)

Die Präimplantationsdiagnostik wurde Deutschland im Jahre 2011 legalisiert, nachdem Michael Blöchle, ein Berliner Reproduktionsmediziner, sich selbst angezeigt hatte. Nach vielen Jahren und Urteilen in verschiedenen Instanzen hatte er damit eine Debatte im Bundestag ausgelöst, die zur anschließenden Neuregelung führte. Mittlerweile gibt es in verschiedenen Bundesländern Ethikkommissionen, die bestimmen, welchen Wunschelternpaaren die Behandlung mit einer PID genehmigt wird.

Es werden nur Anträge zugelassen, wenn es eine Indikation eines „hohen Risikos einer schwerwiegenden Erbkrankheit für die Nachkommenschaft“ und einer „schwerwiegenden Schädigung des Embryos mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt“ gibt.

Hierbei gibt es vier Spalten bei der Tabelle zur Erfassung des Indikationsbereichs, „autosomal-dominant erbliche Krankheit“, „autosomal rezessiv erbliche Krankheit“, „geschlechtsgebunden erbliche Krankheit“, und „Chromosomenstörung“.

Die Zahl der durchgeführten PID-Behandlungen lag im Jahr 2018 bei 319. 23 Anträge auf PID wurden im gleichen Jahr abgelehnt, hauptsächlich solche, die in Bayern gestellt wurden. Sobald ein PID-Antrag zugestimmt wird, müssen Paare in eins von elf ausgewählten PID-Zentren in Deutschland für die Behandlung.

Pro Antrag auf eine PID muss ein Paar mit einer Aufwandentschädigung für die Ethikkommission in Höhe von 1,000 Euro – 5,000 Euro rechnen. Die Kosten für die PID müssen ebenfalls in den meisten Fällen von den Paaren übernommen werden. Es können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für IVF-Maßnahmen bezuschusst werden. Auch gibt es wenige private Krankenkassen, die die Kosten einer PID nach gründlicher Prüfung übernehmen.

Als erster Schritt einer PID in Deutschland muss ein genetisches Beratungsgespräch stattfinden. Dies wird meist mit einem Facharzt der Humangenetik durchgeführt. Diese Beurteilung dieses Facharztes dient als Basis für den PID-Antrag, der von einem PID-Zentrum erstellt werden kann. Hier ist eine Liste, bei welchen Erbkrankheiten, die PID am häufigsten in Deutschland eingesetzt wird. Viele deutsche Paare umgehen das Prozedere mit der Ethikkommission und den damit verbundenen Kosten, indem sie für eine PID ins Ausland reisen. Besonders beliebt sind dafür Tschechien oder Spanien.

IVF-Behandlung in Deutschland und im Ausland

Die meisten deutschen Wunscheltern – sofern heterosexuell, unter 40 Jahre und verheiratet – machen die ersten Zyklen ihrer IVF-Behandlung in deutschen Kinderwunschzentren. Hier bekommen diese Paare nämlich normalerweise mindestens 50% der ersten drei IVF-Zyklen erstattet, teilweise bis zu 100%, je nach Bundesland und gesetzlicher Krankenkasse. Solo-Frauen und gleichgeschlechtliche Paare werden jedoch benachteiligt; sie erhalten selten Zuschüsse. Außerdem werden Behandlungen wie die Eizellspende oder die Leihmutterschaft nicht angeboten. Ferner gibt es einige Ärzte in Deutschland, die Solo-Frauen und Frauen-Paaren eine Behandlung mit der Samenzellspende verwehren: Theoretisch besteht die Möglichkeit, dass ein männlicher behandelnder Reproduktionsmediziner vom Recht her als „Verursacher der Schwangerschaft“ und somit als rechtlicher Vater gesehen und somit unterhaltspflichtig wird. Auch die Embryonenspende wird aufgrund der rechtlichen Beschränkung auf befruchtete (und nicht besamte) Eizellen kaum praktiziert: Hier ist die Warteliste mehrere Jahre lang.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Gesetzgebung zur Kinderwunschbehandlung in Deutschland relativ strikt ist. Das ist auch der Hauptgrund, weshalb eine beträchtliche Anzahl von deutschen Wunscheltern jedes Jahr ins Ausland reist.

Bevorzugt werden IVF-Länder wie Spanien und Tschechien bereist, aber auch Österreich, Dänemark, Finnland, Griechenland, Ukraine, Russland und Zypern behandeln deutsche Kinderwunschpatienten. Der zweite Grund für die Reise ins Ausland ist finanzieller Natur. So ist man als Frau unter 25 oder über 40 Jahre in Deutschland als gesetzlich Versicherter normalerweise Selbstzahler. Daher suchen Frauen bzw. Paare besonders in Ländern wie Tschechien, Polen, Ukraine und Russland nach günstigeren Alternativen für die Kinderwunschbehandlung. Zweifellos ist die Reise ins Ausland aber immer mit eigenen Strapazen verbunden, selbst wenn der Preis nach Abzug der Reise- und Unterkunftskosten am Ende niedriger ist als in Deutschland. Daher sollten Wunscheltern sich vorab gut informieren und ihre Optionen gut abwägen, bevor sie den Schritt ins Ausland wagen. Eine unabhängige Beratung kann hier sicherlich helfen.

 

*Der Artikel dient zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Er kann insbesondere keine individuelle rechtliche Beratung ersetzen, welche die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt. Die Autorin, Dr. Yvonne Frankfurth, ist Sozialwissenschaftlerin, die sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit an der University of Cambridge mit dem deutschen Embryonenschutzgesetz, insbesondere dem Verbot der Eizellspende und den Erfahrungen von Deutschen bei einer Kinderwunschbehandlung im Ausland, auseinandergesetzt hat.

Autorin:
Kinderwunschberaterin
Dr. Yvonne Frankfurth
Kinderwunschberaterin auf www.es-klappt-nicht.de
und Wissenschaftlerin, University of Cambridge

Autorin/Autor: